Blog – Interview mit Andreas Thurnheer-Meier | ruby. ag

«Die Schulung zu Barrierefreiheit ist entscheidend»

Andreas Thurnheer-Meier von iresults

Andreas Thurnheer-Meier im Interview

Interviewerin: Katrin Hasler

Andreas, du bist für Konzept und Beratung bei iresults zuständig. Was bietet ihr an und wo liegt euer Schwerpunkt?

iresults ist auf die technische Realisierung anspruchsvoller Weblösungen spezialisiert. Wir übernehmen die Programmierung im Auftrag von Kreativagenturen, digitalisieren Geschäftsprozesse und entwickeln innovative Webapplikationen. Dabei setzen wir gezielt auf bewährte Open-Source-Technologien, um massgeschneiderte und nachhaltige Lösungen zu schaffen.

Ein wichtiges Thema bei digitalen Lösungen wie Websites ist das Thema Accessibility. Was ist das genau?

Accessibility oder Barrierefreiheit bedeutet, digitale Lösungen so zu gestalten, dass sie für alle Menschen zugänglich und nutzbar sind – unabhängig von körperlichen, sensorischen oder kognitiven Einschränkungen. Ziel ist es, niemanden aufgrund von Behinderungen oder technischen Hürden von der Nutzung digitaler Inhalte auszuschliessen.

Und warum ist Barrierefreiheit wichtig?

Barrierefreiheit ermöglicht Menschen mit Behinderungen die gleichberechtigte Teilhabe an digitalen Angeboten und fördert so Inklusion. Gleichzeitig profitieren alle Nutzerinnen und Nutzer von klaren Strukturen, besserer Lesbarkeit und einer angenehmeren Nutzererfahrung. Hinzu kommen rechtliche Vorgaben, die in vielen Ländern – auch in der Schweiz und in Liechtenstein – Barrierefreiheit vorschreiben. Darüber hinaus profitieren barrierefreie Inhalte oft von einer besseren Auffindbarkeit in Suchmaschinen, da sie in der Regel klarer strukturiert sind.

Für welche Organisationen ist das Thema Barrierefreiheit besonders wichtig?

Eine barrierefreie Website stärkt das Image durch soziale Verantwortung, fördert Inklusion und ist für jedes Unternehmen sinnvoll.

Gesetzliche Vorschriften gelten in der Schweiz und in Liechtenstein aber nur für öffentliche Stellen?

In der Schweiz besteht die Verpflichtung, Websites und Apps öffentlicher Stellen barrierefrei zu gestalten. Das unterstreicht die Bedeutung digitaler Inklusion auf nationaler Ebene. Seit dem 1. April 2024 gelten in Liechtenstein neue Bestimmungen im Rahmen des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGlG), die den barrierefreien Zugang zu Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen regeln. Öffentliche Stellen sind verpflichtet, diese Vorgaben nach Ablauf der Übergangsfrist umzusetzen und sicherzustellen, dass ihre digitalen Angebote für alle Menschen zugänglich sind.

Gibt es auch gesetzliche Vorschriften, die für Schweizer oder Liechtensteiner Unternehmen aus der Privatwirtschaft relevant sind?

Im Juni 2025 tritt der European Accessibility Act (EAA) in Kraft. Dieser verpflichtet Anbieter von Waren und Dienstleistungen, die online für Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU verfügbar gemacht werden, diese barrierefrei zu gestalten. Der EAA hat somit Auswirkungen nicht nur auf Unternehmen in der EU, sondern auch auf Anbieter aus Drittstaaten, die in den EU-Markt eintreten möchten.

Was sind die wichtigsten technischen Punkte, die man beachten muss?

Ein barrierefreier Webauftritt erfordert die Berücksichtigung mehrerer technischer Aspekte. Die Inhalte einer Website sollten klar gegliedert und mit einer semantischen HTML-Struktur versehen sein, um für Screenreader verständlich zu sein. Ergänzend dazu können ARIA-Rollen (Accessible Rich Internet Applications) genutzt werden, um die Zugänglichkeit zu verbessern. Es ist wichtig, dass alle Funktionen der Website – wie Navigation oder Formulare – vollständig mit der Tastatur bedienbar sind, wobei der Fokus immer sichtbar und eindeutig erkennbar sein sollte. Interaktive Elemente wie Buttons, Menüs oder Widgets müssen sowohl per Tastatur als auch über Screenreader problemlos zugänglich gemacht werden. Zudem sollten weder Zeitlimits noch Animationen die Nutzung der Website beeinträchtigen. Falls Animationen zum Einsatz kommen, sollte eine Option bestehen, diese zu deaktivieren.

Und was ist betreffend Inhalt für Barrierefreiheit wichtig?

Barrierefreie Inhalte zeichnen sich durch klare und verständliche Sprache, beschreibende Alternativtexte für Bilder, Untertitel und Transkripte für audiovisuelle Inhalte sowie eine logische und konsistente Navigation aus. Aussagekräftige Links bieten den Nutzenden Orientierung und erleichtern den Zugang.

Und beim Design?

Beim Design sind ausreichende Farbkontraste zwischen Text und Hintergrund essentiell. Wichtige Elemente sollten nicht ausschliesslich durch Farbe hervorgehoben werden, sondern auch durch Symbole oder Text. Skalierbare und gut lesbare Schriftarten mit angemessenem Zeilenabstand sowie eine optimierte Darstellung der Inhalte auf verschiedenen Geräten wie Desktop, Tablet und Smartphone sind ebenfalls entscheidend.

Wie findet man heraus, ob die eigene Website die Accessibility-Kriterien erfüllt?

Um herauszufinden, ob eine Website die Accessibility-Kriterien erfüllt, gibt es verschiedene Ansätze. Automatisierte Tests mit Tools bieten eine erste Analyse und identifizieren grundlegende Probleme. Ergänzend dazu sind manuelle Tests wichtig, bei denen die Webseite beispielsweise ausschliesslich mit der Tastatur bedient, mit einem Screenreader genutzt oder die Farbkontraste überprüft werden. Accessibility-Checklisten können zudem dabei helfen, alle relevanten Kriterien systematisch zu prüfen. Die zuverlässigsten Ergebnisse liefern jedoch Benutzertests, bei denen Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen die Website testen und wertvolle Einblicke in ihre Nutzererfahrung geben.

Was ist in diesem Zusammenhang auch noch wichtig?

Die Schulung und Sensibilisierung von Designerinnen, Entwicklerinnen und Content-Erstellerinnen für die Prinzipien der Barrierefreiheit sind entscheidend, um langfristig barrierefreie Inhalte und Designs zu gewährleisten.

Wie bist du eigentlich zu deinem Beruf gekommen? Was sind die Meilensteine in deiner Karriere?

Ursprünglich habe ich eine kaufmännische Ausbildung in einem Treuhandunternehmen absolviert, da es damals noch keine entsprechenden Ausbildungen wie heutzutage Mediamatiker oder ähnliches gab. Nach meiner Lehre habe ich Intermedia an der Fachhochschule Dornbirn studiert. Im Laufe des Studiums entwickelte ich ein wachsendes Interesse an Webtechnologien und Programmierung. Nach dem Studium konnte ich wertvolle Erfahrungen in verschiedenen Agenturen sammeln, bis ich mich 2010 mit iresults in diesem Bereich selbständig gemacht habe.

Welche Voraussetzungen braucht es, wenn jemand in deinem Bereich tätig sein will?

In diesem Bereich benötigt man eine Kombination aus fachlichen, technischen und persönlichen Fähigkeiten. Dazu gehören grundlegende Kenntnisse in HTML, CSS und JavaScript sowie Erfahrungen mit Frameworks und Bibliotheken. Ein Verständnis für Datenbanken, Webservertechnologien und Designkonzepte ist ebenfalls hilfreich. Persönlich sollte man in der Lage sein, komplexe Probleme zu analysieren und strukturierte Lösungen zu entwickeln. Gleichzeitig ist auch Kreativität gefragt.

Was möchtest du uns mit auf den Weg geben, worauf wir achten sollten?

Die Anforderungen an Weblösungen haben sich mit der Zeit verändert. Sie sollen barrierefrei, sicher, benutzerfreundlich, skalierbar, leistungsstark und für alle Geräte optimiert sein. Gleichzeitig müssen sie den Datenschutz gewährleisten und flexibel genug sein, um sich an neue Technologien und Bedürfnisse anzupassen. Diese Aspekte sollten bei der Planung einer Weblösung stets bedacht werden.

Über Andreas Thurnheer-Meier, Konzept und Beratung, iresults GmbH

  • Studium Intermedia (FH Dornirn / KISD Köln)
  • Web-Entwickler in verschiedenen Agenturen
  • Selbständig mit iresults GmbH seit 2010

Website besuchen: iresults.li

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