Interviewerin: Katrin Hasler
Luigi, Hand aufs Herz: Erinnerst du dich noch daran, dass du in der Kunstschule mal ein Porträt von mir gezeichnet hast, als wir ungefähr 12 Jahre alt waren? Meiner Mutter hat es immer sehr gefallen.
Ganz ehrlich: Nein, aber das Porträt würde ich gerne sehen. Es war eine schöne Zeit in der Kunstschule – Samstag vormittags Kurs. Irgendwie habe ich gar keine Fotos oder Bilder von damals.
Du bist Illustrator und Künstler. Was machst du alles und was ist deine Lieblingsdisziplin?
Jemand hat mich mal als Zeichner beschrieben, ich glaube, das trifft’s am besten. Ich zeichne einfach sehr gern, mir ist es dann fast egal, was. Ob’s dann für eine Briefmarke ist oder für ein Kunst-am-Bau-Projekt, wo ganze Wände angemalt sind, ist mir egal. Für Zeitungen, Magazine, Museen, Animationsfilme. Ich mag es auch gerne, Neues auszuprobieren und mich in neue Themen hineinzudenken.
Dein Beruf ist für viele ein Traum, aber nur wenige können davon leben. Wie hast du es geschafft und hast du Mut dafür gebraucht?
Ich weiss nicht, ob’s Mut war oder eher Leichtsinn. Nein, es hat einfach sehr viel Geduld gebraucht, Durchhaltevermögen, Interesse für Neues und das richtige Umfeld – also Freunde und Familie. Es hat auch viel Zeit gebraucht, um rauszufinden, was ich genau machen wollte. Es gibt ja so viele verschiedene Richtungen, die man einschlagen kann. Bei jedem ist es ein bisschen unterschiedlich, ich sehe das zumindest bei meinen Freundinnen und Freunden.
Dein Stil ist sehr markant. Wie wichtig ist es für einen Illustrator, einen Stil zu haben, den man sofort erkennt? Und wie findet man ihn?
Mit 16 Jahren hatte ich schon einen eigenen Stil, das habe ich zumindest gedacht. (lacht) Dabei habe ich nur H. R. Giger nachgemacht oder Raumschiffe und Elfen gezeichnet. Ich finde, es ist in der Zeit von künstlicher Intelligenz lebenswichtig, einen eigenen Zeichnungsstil zu haben. Was das genau heisst, ist schwer zu sagen, es muss ja nicht immer etwas komplett Neues sein. Wichtig ist, dass es zu einem persönlich passt, dann spielt es auch keine Rolle, was für ein Medium man benutzt. Ich habe einfach viel abgezeichnet, nachgemalt und viel ausprobiert, was mir gefiel. Irgendwie hat sich dann das alles in meinem Gehirn gemischt und abgespeichert – und plötzlich kommt es wie von selbst raus.
Du hast für uns ein Plakat gestaltet, das bei einigen regelrechte Begeisterungsstürme ausgelöst hat. Woher nimmst du deine Inspiration? Und kann man Kreativität lernen?
Das freut mich, mir gefällt das Plakat auch. (lacht) Ich denke, das ist ein gutes Zeichen: Wenn’s mir selbst gefällt, ist’s auch oft gut. Das klingt sehr eingebildet, wenn ich das laut sage. Ich denke, es ist wichtig, immer interessiert zu bleiben. Ich merke oft, dass ich mich langweile, wenn ich immer das Gleiche zeichne. Ab und zu ist die Idee wichtig und ab und zu die Umsetzung. Macht das Sinn? Inspiration finde ich dann in den Dingen die ich mag: Comics, Kunst, Science-Fiction-Filme, Musik und so weiter.
Du hast auch schon Kunstpreise gewonnen. Womit hast du die Jury überzeugt?
Meinen ersten Kunstpreis habe ich in der zweiten Primarschule gewonnen, also genauer gesagt den zweiten Preis. Ich habe einen Wiedehopf abgezeichnet, mit Farbstift, also Holzfarben für die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner. Es sieht eigentlich aus, wie etwas, was ich jetzt zeichnen würde. Damals wurde ich kritisiert, ich hätte nicht schön säuberlich ausgemalt. Aber ich glaube, das war pure Eifersucht vom drittplatzierten Schulfreund.
Was ist das Wichtigste, was man übers Illustrieren wissen sollte?
Das würde ich auch gerne wissen. (lacht) Nein. Aber vielleicht, dass man gar nicht so gut zeichnen muss, wie man denkt. Man braucht vor allem gute Ideen und eine eigene Zeichensprache. Das kann auch so ein Gekritzel sein, wenn’s lustig ist und funktioniert. Aber auch, dass es viel Arbeit ist, auch wenn es schön ist. Vor allem bei Büchern und Comics geht unendlich viel Zeit drauf. Früher habe ich oft in die Nacht hinein gezeichnet oder am Wochenende, mit zwei Kindern geht das leider nicht mehr so gut.
Was gehört in ein Briefing für eine gute Illustration? Wie viel Freiheit sollte man jemandem wie dir lassen?
Eine klare Vorstellung, was man erwartet – nicht, dass man die dann einhalten muss – aber es hilft, sich zu orientieren. Aber je detaillierter das Briefing, umso besser. Man kann dann trotzdem völlig frei sein. Ein genaues Budget im Voraus und bei längeren Projekten einen Zeitplan. Und das Wichtigste: Vertrauen in mich als Illustrator. Zu viel Mikromanagement tötet das Bild.
Welche Rolle spielen KI und neue Technologien für dich?
Eine immer grössere, aber ich bin noch ein Anfänger. Ich kenne vor allem viele lustige Memes über KI, aber sollte mich besser informieren, was es alles kann und nicht kann. Ich denke, als Hilfsmittel kann es eine grosse Hilfe sein, aber nicht als Ersatz für Kreativität.
Welche Voraussetzungen braucht es, wenn jemand als Illustrator tätig sein will?
Selbständigkeit, Organisationstalent und zwischenmenschliches Geschick. Alles Sachen, in denen ich miserabel bin. (lacht) Glück, Geduld, Können, nicht aufgeben, sichtbar sein, Kontakte knüpfen, ein Atelier oder Arbeitsplatz, Papier oder Computer mit teurer Software, die sich ständig verändert. Es braucht Geduld und Gelassenheit. Wie mit Kindern. Ab und zu habe ich sie.
Was möchtest du uns mit auf den Weg geben, worauf wir achten sollten?
Mit KI kann man nicht einen Kaffee trinken, wenn das Projekt fertig ist, und über die Rolle von Frauen in Marvel-Filmen diskutieren. Oder welcher Film-Batman der bessere ist *hust* Keaton *hust*. (Anmerkung der Redaktion: Die korrekte Antwort ist Christian Bale in der Trilogie von Christopher Nolan.) Aber ich mag es auch, neue Menschen zu treffen und neue Welten zu entdecken, die ich vorher nicht kannte, wie bei Star Trek eben, nur im übertragenen Sinn.
Über Luigi Olivadoti
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Diplomierter Modedesigner und Gestalter, F+F Schule für Kunst und Design, Bachelor of Arts in Illustration Fiction, Hochschule Luzern Design & Kunst
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Anerkennungen und Preise: Kreationsbeitrag Literatur von Pro Helvetia, 2. Platz am UN 75th International Art Contest, nominiert für den Swiss Design Award des BAK Bundesamt für Kultur Schweiz, Förderpreis im Bereich Illustration an der IBK Internationale Bodensee Konferenz
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Illustrator und Gestalter für Magazine, Comics, Museen, Filme, Kinderbücher, Briefmarken und vieles mehr
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